Der Gebäudesektor hat die CO2-Einsparvorgaben aus dem Klimaschutzgesetz (KSG) im Jahr 2020 um 2 Mio. t verfehlt, die Obergrenze lag bei 118 Mio. t. Das Bundesinnen- und das Bundeswirtschaftsministerium mussten nach Bekanntwerden der „Lücke“ innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen, um diese zu schließen. Die Ressortabstimmung mit dem Umweltministerium, z. B. über die Fragen, ob die vorgelegten Maßnahmen ausreichen und in welchem Zeitraum die Lücke abgebaut werden muss, liefert bereits jetzt einen Vorgeschmack auf die im nächsten Jahr zu erwartenden Diskussionen in den weiteren Sektoren, die ihre planmäßige CO2-Reduktion 2021 nicht einhalten.
Die mittlere Prognose der Agora Energiewende führt im laufenden Jahr zu 47 Mio. Tonnen mehr CO2-Emissionen in Deutschland als 2020 (722 Mio. t); der höchste Anstieg seit dem Referenzjahr 1990. 2020 waren die Emissionen wegen Corona überdurchschnittlich gesunken. Agora zufolge werden neben dem Gebäudesektor auch die Bereiche Verkehr und Industrie (+ 8 Mio. t) die Klimaziele im laufenden Jahr nicht erreichen. Agora fordert einen weiter vorgezogenen Kohleausstieg und eine Verdreifachung des Wind- und PV-Zubaus. Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) sieht die „Klimaziellücke“ im Gebäudesektor bis 2030 sogar bei 17 Mio. t, wenn nicht gegengesteuert wird. Sie fordert eine Digitalisierungsoffensive und energetische Mindeststandards für den Gebäudebestand, gepaart mit einer Anpassung von Ordnungsrecht und Förderung.
Hintergrund: Am 12. Mai 2021 hatte das Bundeskabinett in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes ein neues, ehrgeizigeres Klimaschutzgesetz beschlossen, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen und am 23. Juni 2021 das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 mit zusätzlich 8 Mrd.€ bis 2025 ausgestattet, davon ca. 5 Mrd. € für den Gebäudesektor. Das jetzt zusätzlich aufgelegte Sofortpro-gramm, mit dem die CO2-Lücke von 2 Mio. t/a geschlossen werden soll, bedeutet weitere 5,8 Mrd. € in 2021 für das „Bundesprogramm effiziente Gebäude (BEG)“. Das Sofortprogramm muss noch vom Expertenrat für Klimafragen geprüft und von der Bundesregierung verabschiedet werden.
Fazit: Bei der zu erwartenden Anzahl an Sofortprogrammen wäre eine eindeutige Nomenklatur hilfreich, um den Überblick zu behalten. Auch Verkehr und Industrie müssen sich im kommenden Jahr auf eigene Sofortprogramme einstellen. Das bedeutet einerseits verstärkte Förderung von CO2-Reduzierungs- und ‑vermeidungstechnologien, andererseits ist ein restriktiveres Ordnungsrecht einzukalkulieren. Aufgrund der langen Vorlaufzeiten ist es ratsam, die eigene Klimastrategie jetzt schnell in Angriff zu nehmen und die kurz‑, mittel- und langfristigen Umsetzungsschritte zu planen.